Springe zum Inhalt

Der ADAC hat einen Artikel über die Bedienung von verschiedenen Autos mit Touchscreen veröffentlicht:
Ich fahre seit drei Jahren Tesla Model 3 und habe inzwischen über 130.000 km von Schweden bis Spanien hinter mir. Aufgrund dieser Erfahrung kam mir der Testbericht sofort "spanisch" vor.
In einem solchen Fall empfiehlt es sich, das Studiendesign genauer zu betrachten.

Am Test, der gemeinsam mit Wissenschaftlern der Hochschule Augsburg entwickelt und durchgeführt wurde, nahmen 24 Probanden teil, die mit den Fahrzeugen nicht schon im Vorfeld vertraut waren. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase musste jeder Proband zwei Testfahrzeuge durch einen Parcours auf dem ADAC Testgelände fahren 

Das Testergebnis ist ganz offensichtlich einfach das Resultat der Versuchsanordnung.
Bei nur kurzer Eingewöhnungszeit schneidet natürlich das innovativste System am schlechtesten ab. Die Systeme, die sich am wenigsten von den vertrauten alten Bedienkonzepten mit vielen Knöpfen unterscheiden, werden bei kurzer Eingewöhnungszeit natürlich als besser wahrgenommen. Das hat aber keine Aussagekraft über die langfristige Sicherheit.
Mit der gleichen Versuchsanordnung hätte man auch zeigen können, dass langjährige Nutzer von Microsoft Windows mit einer neuen Windows-Version zuerst deutlich besser zurechtkommen, als bei einem Umstieg auf MacOS.
Der Einfluss der bewusst kurz gewählten Eingewöhnungszeit auf das Testergebnis ist leicht zu erkennen. So wird beispielsweise bemängelt, dass es angeblich keine separaten Bedienelemente für

 Fahrlicht und Scheibenwischer

gibt.

Vermutlich konnten die Probanden bei der kurzen Eingewöhnungszeit garnicht lernen, dass bei Bedienung von Licht oder Scheibenwischer am Lenkrad sofort zusätzlich das entsprechende Auswahlmenü am Bildschirm erscheint.
Haben die Probanden sich vorher die Erklärvideos von Tesla zur Bedienung dieser Funktionen ansehen dürfen? Beispiel: https://www.tesla.com/support/videos/watch/wipers-model-3-and-model-y
Diese Videos sind auch in der Tesla-App integriert, welche zum Bedienkonzept des Fahrzeugs gehört.
Der Test wurde vom ADAC gemeinsam mit Wissenschaftlern der Hochschule Augsburg entwickelt und durchgeführt. Ich habe langjährige Erfahrung mit dem Design von wissenschaftlichen Studien - insbesondere Auftragsstudien.
Daher gehe ich davon aus, dass es sich hier nicht um Inkompetenz seitens des ADAC handelt. Vielmehr hätte man das Studiendesign nicht besser wählen können, wenn das vom Auftraggeber bestellte  Ergebnis negative Schlagzeilen über Tesla mit wissenschaftlichem Anstrich sein sollen.
Ich wahr fast 40 Jahre lang Mitglied beim ADAC. Trotz der vielen negativen Artikel in der ADAC Motorwelt über E-Autos haben wir uns 2018 eine Renault ZOE gekauft. Die „Informationen“ vom ADAC zur Elektromobilität haben sich in der Realität schnell als Propaganda der deutschen Oldtimerhersteller erwiesen, welche beim ADAC Werbung schalten. Daher bin ich aus dem ADAC ausgetreten und zum VCD gewechselt.
Der vom ADAC und der Hochschule Augsburg produzierte wissenschaftliche Sondermüll bestätigt mich in dieser Entscheidung.
Wie vom ADAC und seinen Werbekunden erwartet, generieren die Qualitätsmedien jetzt Klicks mit der Story, ohne das Studiendesign zu hinterfragen.
Ein fruchtbares Forschungsgebiet für die Wissenschaft wäre die Rolle des ADAC bei der Verbreitung von Unwissen im Bereich der Elektromobilität zum Schutz der deutschen Oldtimerhersteller.
Agnotologie bezeichnet eine Forschungsrichtung, welche die kulturelle Erschaffung und Aufrechterhaltung von Unwissen untersucht. Ihr Erkenntnisgegenstand ist, wie Unwissen durch Manipulation, irreführende, falsche oder unterdrückte Informationen, Zensur oder andere Formen absichtlicher oder versehentlicher kulturpolitischer Selektivität geschaffen oder gesichert werden kann. https://de.wikipedia.org/wiki/Agnotologie

1

Prof. Hans-Werner Sinn hat gemeinsam mit Prof. Christoph Buchal und Hans-Dieter Karl einen Text im ifo Schnelldienst veröffentlicht, der den Eindruck erwecken soll, eine neutrale wissenschaftliche Forschungsarbeit zu sein.

Auf der ersten Seite befindet sich ein sehr schönes Beispiel für einen überspezifisches Dementi. 

„Keiner der Autoren hat eine kommerzielle Beziehung zur Energiewirtschaft oder zu Autokonzernen.“

ifo Schnelldienst 8 / 2019 72. Jahrgang 25. April 2019


Wenn man sich anschaut wie das IfO-Institut finanziert ist, dann scheint die Studie perfekt zu den Intentionen der Geldgeber des Instituts zu passen - also Bundesverkehrsministerium und Freistaat Bayern mit seiner Verbrennerindustrie:

Finanziert wird das ifo Institut zurzeit zu etwa zwei Dritteln aus öffentlichen Mitteln (im Zuge der gemeinsamen Forschungsförderung von Bund und Ländern über die Leibniz-Gemeinschaft und zu etwa einem Drittel aus den Erlösen für Drittmittelprojekte, die in der Regel ebenfalls von öffentlichen Auftraggebern stammen („wissenschaftliche Politikberatung“). Darüber hinaus unterstützt die sogenannte „Freundesgesellschaft“ das Institut finanziell. Die Freundesgesellschaft besteht laut Webseite des ifo-Instituts aus „Einzelpersonen, gewerbliche Unternehmen, Wirtschaftsverbände und Körperschaften des In- und Auslandes“.

https://de.wikipedia.org/wiki/Ifo_Institut_für_Wirtschaftsforschung

Unter den Mitgliedern des Vorstands und des Kuratoriums der Gesellschaft zur Förderung der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung Freunde des ifo Instituts) e.V. finden sich Vertreter von Verbänden und Unternehmen, die bisher nicht als Freunde der Elektromobilität aufgefallen sind.

Die Studie kommt zu derart überraschenden Erkenntnissen, dass sich schon kurz nach der Veröffentlichung zahlreiche Menschen damit beschäftigen, die Fakten zu überprüfen und richtig zu stellen. Man hat die gewünschte Munition für eine Seite politische Debatte um die Elektromobilität kurzerhand im hauseigenen ifo Schnelldienst veröffentlicht. Einem Peer-Review einer angesehenen wissenschaftlichen Fachzeitschrift hätte diese "Studie" sicher nicht standgehalten.

Eine umfassende Kritik der Aussagen von der "Studie" kann so kurz nach der Veröffentlichung natürlich noch nicht vorliegen und wird vermutlich auch nicht des gleiche Medienecho finden, wie Verlautbarungen des ifo-Instituts. Aber per Twitter und in einigen Blogs finden sich schon die ersten Faktenchecks.

Ihre Publikation hat leider zwei massgebliche Fehler: 1. eine Tesla Model 3 Batterie hält gemäss Tesla 800'000 km, nicht wie in Ihrer Publikation angenommen 150'000 km. 2. Die Herstellung benötigt nur 5254km CO2, nicht 10'875 bis 14'625 kg.

https://twitter.com/YvesMeppiel/status/1118470326827069440

Der Autor verlinkt dankenswerterweise auch auf ein sehr detailliertes Spreadsheet zur Kalkulation der CO2-Bilanz von Fahrzeugen: https://docs.google.com/spreadsheets/d/1b9WkLOjaej7OrPk3ATSxGjYTQxzDoMrA5WuK5K0M-xE/edit#gid=677694913

Ein anderer Autor verweist auf eine aktuelle Studie des Fraunhofer Instituts mit dem Titel "Die aktuelle Treibhausgasemissionsbilanz von Elektrofahrzeugen in Deutschland": http://publica.fraunhofer.de/eprints/urn_nbn_de_0011-n-5374326.pdf
Diese Studie findet sich natürlich nicht im Literaturverzeichnis der Veröffentlichung des ifo Schnelldienstes.

Mehrere kritische Leser des ifo-Textes weisen darauf hin, dass die Annahmen zur Ökobilanz der Batterie sich auf die längst widerlegte und überholte "Schweden-Studie" stützen. Romare, M. und L. Dahllöf (2017), The Life Cycle Energy Consumption and Greenhouse Gas Emissions from Lithium-Ion Batteries: A Study with Focus on Current Technology and Batteries for Light-duty Vehicles, SwedishEnvironmental Research Institute, Stockholm.
Die schwedischen Autoren versuchen sich schon seit geraumer Zeit gegen die Fehlinterpretationen ihrer Publikation zu wehren: https://edison.handelsblatt.com/erklaeren/elektroauto-akkus-so-entstand-der-mythos-von-17-tonnen-co2/23828936.html

Ein weiterer Fehler in den Berechnungen des ifo Instituts besteht in der vollständigen Unterschlagung der 2nd Life Anwendungen für die gebrauchten Batterien der Elektroautos. Dazu gibt es schon seit einigen Jahren nicht nur Studien sondern auch Anwendungen im Realbetrieb. https://www.ffe.de/download/article/620/StudieSecondLifeKonzepte.pdf
Viele der wertvollen Akkupacks von Elektroautos werden also noch ein langes Leben als dringend benötigter Speicher in unserem Stromnetz haben, bevor die Batteriezellen recycelt werden müssen.

Richtig absurd wird die Argumentation des ifo Instituts beim Vergleich der CO2-Bilanz der Herstellung von Verbrennungsmotoren mit Getriebe zum Elektromotor:

Nun könnte man dagegenhalten, dass die Pro-duktion eines Elektromotors technisch einfacher istals die Produktion eines Dieselmotors samt Getriebe und deshalb deutlich weniger Energieeinsatz als die Produktion der elektrischen Antriebskomponentendes Elektromotors verlange. Dieser Vorteil bezieht sich allerdings, wenn überhaupt, auf den Aufwand vor Ort und nicht auf den hohen Energieeinsatz bei der Herstellung vieler Zusatzbauteile, die welt-weit bezogen werden. Sie könnten den vermeintlichen Vorteil weitgehend kompensieren. Und selbst wenn es nicht so wäre, käme man nur auf geringfü-gig höhere Werte für den CO2-Ausstoß von ein paar Gramm pro 100 km.5

ifo Schnelldienst 8 / 2019 72. Jahrgang 25. April 2019

Das Ifo-Institut gibt sich viel Mühe, die CO2-Bilanz bei der Herstellung eines Elektroautos insbesondere bei der Batterie schlecht zu rechnen und macht nur extrem oberflächliche Betrachtungen beim Antrieb. Der Verbrennungsmotor hat offensichtlich wesentlich mehr Komponenten. Da das Drehmoment nur in einem engen Drehzahlbereich zur Verfügung steht, wird ein kompliziertes Getriebe benötigt. Auch das aufwändige Abgassystem mit Schalldämpfer und Katalysator gehört mit in die Bilanz. Der Elektromotor hat eine wesentlich längere Lebensdauer und es fallen keine Wartungsarbeiten mit regelmäßigem Austausch von Verschleißteilen und Schmierstoffen an.

Für die CO2-Bilanz wäre vielleicht auch die Logistik hinter den unzähligen Komponenten des Antriebsstrangs von Verbrennern interessant. Dazu gibt es eine Reihe von aktuellen Artikeln im Zusammenhang mit dem Brexit.

Bis ein fertiger Mini auf dem Kontinent verkauft werden kann, hat die Kurbelwelle viermal den Ärmelkanal überquert.

https://www.zeit.de/2018/45/brexit-unternehmen-autoindustrie-arbeitsplaetze-grossbritannien/komplettansicht

Die Diskussion um das Brexitchaos macht den Logistikwahnsinn der Automobilindustrie aktuell sehr gut sichtbar. Hinter jedem Bauteil steht auch der komplizierte Weg vom Zulieferer und dessen Sub-Unternehmern bis zum fertigen Fahrzeug.

https://www2.deloitte.com/de/de/pages/consumer-industrial-products/articles/brexit-folgen-fuer-deutsche-automobilzulieferer.html

Ein Umstieg vom Verbrenner auf Elektroauto hätte vielleicht auch den angenehmen Nebeneffekt, dass deutlich weniger Diesel-Lkw mit Bauteilen zum Hersteller und Ersatzteilen zur Werkstatt unterwegs wären. Ein geradezu elektrisierender Gedanke.

Niedersachsenmetall-Hauptgeschäftsführer Volker Schmidt hat in einem Interview behauptet, E-Mobilität sei die klimaschädlichste Antriebsart:


Das ist ein sehr schönes Interview, da es Volker Schmidt gelungen ist, so ziemlich alle Fehlinformationen zu diesem Thema in einem Beitrag zusammenzufassen.

Diese Gelegenheit hat Robin Engelhardt von der E-Autovermietung EAV  Mobility genutzt, um sehr detailliert diese Fehlinformationen zu widerlegen:

 

electrek.co/2018/12/18/donald-trump-electric-vehicles-mistake/

Die Quelle für diese Erkenntnisse könnten auch die deutschen Autobosse sein, die neulich Donald Trump im Whitehouse besucht haben.